Was gute KI mit Menschlichkeit zu tun hat


Steinbeis-SMI Round-up 5: News from the World of Change


In der aktuellen Ausgabe unserer Sammlung rund um digitale Transformation, Innovation und Unternehmertum geht es im Schwerpunkt um Künstliche Intelligenz. (Was sonst!) Wir waren beim CogX Festival of AI & Emerging Technology in London, wo die internationale Tech-, Unternehmer- und Wissenschaftsszene sich die Köpfe zum Thema heiß redete. Spannend, inspirierend, herausfordernd. Das ist alles nicht einfach, mit dieser KI und innovativen Technologien überhaupt, aber: Die Chancen sind immens. Also bloß nicht den Kopf in den Sand stecken und verteufeln!


IM FOKUS: KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Was gute KI mit Menschlichkeit zu tun hat

„Gute Künstliche Intelligenz macht Menschen menschlicher.“ Ein Satz wie ein roter Faden, gesprochen von Dr. Julia Shaw, Honorary Research Fellow am University College London und Gründerin von Spot, eine auf KI-basierte Plattform, über die Angestellte Vorfälle von Mobbing und Diskriminierung am Arbeitsplatz an die Personalabteilung melden können.

Sie war eine von über 600 Experten, die beim Londoner „CogX Festival of AI & Emerging Technology“ vor einigen Wochen so ziemlich alles abdeckten, was man im Kontext von KI von Forschung bis Ethik diskutieren kann. Mit über 20.000 Teilnehmern ist das Londoner Event das größte zum Thema KI in Europa. In der Gemengelage von Unsicherheit und einer gewissen Panik, in der KI insbesondere in Deutschland oft diskutiert wird, führt die Aussage der Wissenschaftlerin auf das Wesentliche zurück: Worum soll es bei KI denn wirklich gehen? Ihre Anwort: KI ist dann gut, wenn sie Menschen befähigt ihre Talente und Fähigkeiten besser zu nutzen – sie also menschlicher macht. Bei dem internationalen Get-Together von Unternehmern, Start-ups, Wissenschaftlern, Politikern und Denkern gab es viele Beispiele, die zeigten: In welche Richtung es geht mit KI, liegt an uns Menschen. Und: Wir brauchen eine konstruktive (offene) Haltung und nicht Angst, um die Welt mit KI in unserem – menschlichen – Sinne zu gestalten.

Beispiel: Spacemaker – bessere und nachhaltigere Stadtplanung

Was bedeutet das – „gute KI macht Menschen menschlicher“? Stellvertretend hierfür eine Plattform aus Skandinavien, die zeigt: Wenn KI Aufgaben übernimmt, die das menschliche Hirn so alleine nicht mehr bewältigen kann oder nur mit unmenschlich viel Zeitaufwand, und dadurch Kapazitäten frei werden, um sich kreativen und gestalterischen (menschlichen) Aufgaben zu widmen, passiert das, was die amerikanische Wissenschaftlerin mit ihrem eingangs zitierten Satz meint. Menschen werden in die Lage gebracht, ihre urmenschlichen Eigenschaften und Talente besser zu nutzen.

Tech für das 22. Jahrhundert

Bei Spacemaker, geboren aus den Frustrationen des norwegischen Architekten Håvard Haukeland, geht es um Folgendes: Die, so das Spacemaker-Team, weltweit erste KI-gestützte Design- und Bausimulationssoftware für den Immobilienentwicklungssektor löst komplexe Probleme im Bereich Bauplanung. Das hört sich erstmal ziemlich unsexy an, ist aber trotzdem spannend und äußerst relevant. Nicht ohne Grund stellte Haukeland, Spacemaker Mitgründer und CEO, die Plattform in einer Session zum Thema „Tech Innovations for the 22nd Century“ vor: Die Bevölkerung in den Städten dieser Welt wird in den nächsten dreißig Jahren um mehr als zwei Milliarden wachsen. Um genügend Wohnraum zu haben, muss höher, dichter und schneller als je zuvor gebaut werden – und gleichzeitig sollen all diese neuen Wohnungen einen hohen Lebensstandard und eine nachhaltige urbane Umgebung bieten. In den 17 Sustainable Development Goals der UN wird diese Herausforderung als Nummer 11 unter der Überschrift „Sustainable Cities and Communities“ platziert.

„Bauwesen ist weniger digitalisiert als Landwirtschaft“

Die Bauindustrie als Hauptakteur hat in diesem Szenario, so Haukeland, nun ein Problem: Obwohl weltweit eine der größten Branchen überhaupt, ist das Bauwesen auch einer der am wenigsten digitalisierten Bereiche. Die Produktivität ist seit den 50er-Jahren zurückgegangen. Ingenieure, Architekten, Stadtplaner und Immobilienentwickler sehen sich mit einer unglaublichen Komplexität von Vorgaben konfrontiert, die bei allen Planungen berücksichtig werden müssen. Dabei stoßen sie an ihre Grenzen. Effektiv und effzient zu arbeiten, wird immer schwieriger und ist zudem extrem frustrierend für Architekten. Spacemaker setzt genau hier an – mit dem Ziel, die Transformation der Branche voranzutreiben, indem Technologie genutzt wird, um nachhaltigere und lebenswertere Städte zu bauen.

KI übernimmt das, was mühsam ist

Die Spacemaker-Technologie cruncht dafür Massen an Daten und analyisert alle Parameter, die beim Wohnungsbau berücksichtigt werden müssen, seien es physikalische Daten, Behördenvorgaben oder Umweltaspekte. Auf dieser Basis können große Mengen an möglichen Designoptionen schneller evaluiert und so zügigere Entscheidungen darüber getroffen werden, welche Möglichkeit den vorhandenen Platz am optimalsten nutzt. Die Plattform ermöglicht es Entwicklern und Architekten, ihre Designs sozusagen auf ihre „Sinnhaftigkeit“ angesichts aller zu berücksichtigenden Vorgaben zu checken und für eine Vielzahl von Parametern zu optimieren, um dann von Hunderten möglicher Layouts wählen zu können. Der Mensch allein kann nur ein paar Dutzend Optionen erarbeiten und evaluieren und Haukeland ist überzeugt, dass diese bisherige händische Planung von großen Wohungsbauflächen an ihre Grenzen gekommen ist: „Angesichts der rapiden Entwicklung städtischer Bevölkerungen können wir keine nachhaltigen und lebenswerten Städte bauen, wenn wir uns weiter auf diese manuellen Methoden verlassen.“ 

Mensch und Maschine im Tandem

Zurück zum Anfang und der Frage, was wir mit KI eigentlich erreichen wollen: Das Spacemaker-Team glaubt nicht daran, dass KI die herkömmliche Bauplanung ersetzen wird, sondern dass die menschlichen Akteure ihr Potenzial besser ausschöpfen können, wenn Mensch und Maschine gemeinsam arbeiten (und jeder das macht, was er am besten kann). „Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz können wir Architekten Möglichkeiten geben, die sie bisher nicht hatten – sie werden zu mehr befähigt. Und sie haben jetzt mehr Zeit, kreativ zu sein, da ihnen der Computer die harte Arbeit abnimmt“, so Haukeland. Womit wir wieder bei der amerikanischen Wissenschaftlerin Shaw wären und ihrer Aussage, was eine gute KI ausmacht ...

Gesehen, gehört, notiert: Takeaways von Europas größtem KI-Festival

Gleichberechtigung durch Tech. Im Senegal geboren, als junges Mädchen nach Paris verschleppt, mit 16 erst Lesen und Schreiben gelernt: Als Mariéme Jamme dann nach Großbritannien kam und begann, sich selbst Programmiersprachen beizubringen, wurde der Grundstein für ihr eigenes erfolgreiches Techunternehmen und nicht nur das. Mit der iamtheCode Initiative verfolgt sie das Ziel, bis 2030 eine Millionen Frauen und Mädchen weltweit und besonders in Afrika zu Programmierinnen zu machen. Wissen war ihr Weg aus der Benachteiligung und mit Code als DER Sprache der Zukunft möchte sie nun Menschen, die am Rande stehen, zur Teilhabe verhelfen. Eine charismatische Frau mit Power und Leidenschaft. Ziemlich beeindruckend.

6000 E-Mails landen pro Tag in der Mailbox von Jo Hannaford, Head of Technology für Goldman Sachs in Europa. Als Teil eines Panels, das die Rolle von KI für die Bank der Zukunft diskutierte, warf sie diese Zahl in die Runde – nicht, weil sie sich wichtig machen wollte, sondern als Beispiel dafür, wie Künstliche Intelligenz im Arbeitsalltag helfen kann: Sie glaubt, dass vor allem im Bereich der natürlichen Sprachverarbeitung die Maschine dem Menschen einiges an Stress abnehmen kann. Könnte im Fall ihres bescheidenen Posteingangs definitiv Sinn machen.

China, immer wieder China. Während Europa noch diskutiert, ist der KI-Zug in China schon auf eine Art und Weise abgefahren, wie wir uns es hier gar nicht vorstellen können (oder wollen). Die Herangehensweise: Komplett anders und bilderbuchmäßig illustriert wurde das in einer Keynote von Bing Xu, dem Mitgründer von SenseTime, zum Thema „Deep Tech and Value Creation“. SenseTime, eine Universitätsausgründung von Wissenschaftlern an der Chinese University of Hong Kong, ist das wertvollste KI-Start-up der Welt, das trotzdem kaum einer kannt. Neben einer Gesichtserkennungs-App, mit der sich Nutzer für Bezahlvorgänge identifizieren können, entwickelt die „Plattform für KI-Innovationen“ vor allem in den Bereichen Supercomputing (Überwachungstechnik), Automated Driving und Augmented Reality. Und das mit massiver Brainpower von 40 Professoren, 200 Doktoren und insgesamt einem Forschungsteam von über 1000 Wissenschaftlern ...

Conversational AI – also KI für Konversationen – war eines der großen Themen bei CogX. Stichwort: Chatbots et al. Ein fröhlicher Holländer names Hans van Dam überbrachte in diesem Zusammenhang die gute Nachricht, dass neue Technologien Jobs nicht nur obsolet machen, nein, sie sorgen auch dafür, dass ganz neue Berufe entstehen. Conversation Designer ist einer davon und laut van Dam werden davon in Zukunft sehr viele gebraucht. Er gründete sein Unternehmen Robocopy (toller Name, muss man zugeben), um Chatbots und Sprachassistenten im Gespräch mit Nutzern überzeugender und natürlicher klingen zu lassen und bildet in seiner Conversational Academy zukünftige Conversation Designer aus, die sowohl Ahnung von Technologie, Psychologie und Texten haben. Spannend, oder?

Videomaterial zum CogX Festival of AI & Emerging Technology:



Autor:
B Connects. Barbara Geier Content Services
www.bconnects.net

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