Was Harry Potter mit Personalentwicklung zu tun hat
Neben der Sorge, dass der Arbeitsplatz der Digitalisierung zum Opfer fällt,
ist am anderen Ende des Spektrums der Mangel an Fach- und Arbeitskräften in der
digitalen Transformation genauso Realität. Der im Englischen schön griffig
benannte talent crunch stellt
Unternehmen vor entscheidende Herausforderungen. In einer im Frühjahr
veröffentlichten Studie der Personal- und Organisationsberatung Korn Ferry wird
bis 2030 weltweit ein Defizit an geeignetem Personal in mehr oder weniger der Größe
Deutschlands prognostiziert: 85,2 Millionen Menschen, vor allem
hochqualifizierte u.a. im Finanz- und Dienstleistungessektor sowie der Tech-,
Medien- und Telekommunikationsbranche, sollen der Wirtschaft dann fehlen. Beim
„Future of Work Summit“
in London stellte Korn Ferry unter der Überschrift „Refresh or disrupt: how
will you avoid the talent crunch” vor, wie Unternehmen diese Situation angehen
können. Kernpunkt: Das Talentmanagement als Gesamtheit aller Personalmaßnahmen
muss sich ändern, damit das Potential von Mitarbeitern voll ausgeschöpft werden
kann.
„Talentmanagement hat sich seit den 70er-Jahren nicht wirklich geändert“, so
brachte es Berengere Peter, Associate Client Partner bei Korn Ferry, auf den
Punkt. Die Prozesse für Personalgewinnung, -bindung und -entwicklung aus dieser
„untechnischen“ Zeit stoßen in der neuen Arbeitswelt an ihre Grenzen. Bei einer
Betrachtung von 30 Unternehmen (u.a. Mars, BP, Nokia und Novartis), die ihre
Personalstrategien im Sinne einer Zukunftssicherung angepasst haben, wurden von
Korn Ferrry acht Notwendigkeiten identifiziert, die in der digitalen Arbeitswelt
Althergebrachtes auf den Kopf stellen. Drei davon zeigen beispielhaft, wie sehr
Organisationen gerade dabei sind, das Thema Talentmanagement umzudeuten:
1. Personen, nicht
Prozesse
Beim Talentmanagement die Person mit all ihren individuellen Fähigkeiten
und Besonderheiten in den Mittelpunkt zu stellen, ist sicher eine besondere
Herausforderung für Organisationen. „Es geht darum, die Haltung einzunehmen,
dass jeder Talente hat und passende Prozesse um die jeweilige Person gebaut
werden müssen, nicht umgekehrt“, so Peter. Einschränkende Labels wie
„high-potential“ oder „high-performing“ treten in den Hintergrund zugunsten der
Entwicklung individueller Szenarien und der Konzentration auf das Lernpotenzial
von Mitarbeitern.
Ein interessantes Beispiel in diesem Zusammenhang: Von 57 weiblichen CEOs,
die Korn Ferry im Rahmen der Studie befragte, wussten nur 12 Prozent von Beginn
ihrer Karriere an, dass sie CEO werden wollten. Über die Hälfte gab an, nie mit
dem Gedanken gespielt zu haben – bis man ihnen nahelegte, dass sie das Zeug
dazu haben: „Ein Ansatz, der Personen und nicht Prozesse in den Mittelpunkt
stellt, würde diese Dynamik radikal ändern“, so Peter.
Unternehmen müssen ihre Personalentwicklung neu denken, um zukunftsfähig zu werden. |
2. Fähigkeiten,
nicht Rollen
Unternehmen verwenden viel Zeit darauf, bestimmte Mitarbeiter auf ganz
bestimmte Rollen vorzubereiten: Wer soll der nächste CFO werden? Wen müssen wir
für eine Rolle als Leiter einer bestimmten Geschäftseinheit fit machen? „Wenn
die Leute dann soweit sind, haben sich die Anforderungen der Organisation zwischenzeitlich
allerdings oft geändert“, fasste Peter das Problem mit diesem Ansatz zusammen.
Eine Reihe der von Korn Ferry analysierten Unternehmen haben dieses Prozedere
komplett hinter sich gelassen. Stattdessen investieren sie in Talent-Pools, bei
denen der Aufbau umfassenderer Fähigkeiten im Mittelpunkt steht, z. B. zu
Bereichen wie Kundenerlebnis, KI oder Innovationen zur Marktreife bringen. Diese
Vorgehensweise ändert in Konsequenz auch die Gespräche auf Vorstandsebene,
sprich: Nicht Diskussionen, wer der nächste CFO sein könnte, stehen im
Mittelpunkt. Es geht dann vielmehr darum, was das Unternehmen wirklich braucht.
Acht neue Leitsätze, die sich für das Talentmanagement herauskristallisieren |
3. Karriere, nicht
Entwicklung
Weg von der „Von-Rolle-zu-Rolle“-Entwicklung und hin zur „großen Linie“ –
hier liegt der Fokus darauf, dass im Laufe der Karriere kritische Erfahrungen
gemacht werden müssen: „Einige Organisationen, die wir betrachtet haben,
ermuntern ihre Mitarbeiter daher, sich aus dem Unternehmen herauszubewegen, um
Kompetenzen zu erwerben, die für die Zukunft nötig sind. Sie unterbrechen ganz
bewusst den linearen Karriereweg und erlauben Mitarbeitern sich fließend
innerhalb und außerhalb des Unternehmens sowie wieder zurück zu bewegen“, erläuterte
die Personalexpertin. Die sprichwörtliche Karriereleiter wird so zu einer Art
„Harry Potter-Treppe“, auf der man sich auf vielfältigen Routen von Plattform
zu Plattform bewegt.
Die Autorin: Barbara Geier, Alumna Steinbeis-SMI. Barbara lebt und arbeitet in London unter
B CONNECTS
Barbara Geier Content Services
barbara@bconnects.net
www.bconnects.net
phone +44 (0)7983 242 195
Die Autorin: Barbara Geier, Alumna Steinbeis-SMI. Barbara lebt und arbeitet in London unter
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