Absolventen dürfen keine toxischen Geschäftsmodelle präsentieren. (Part 2)


Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der Steinbeis-SMI führte MedienMBA-Absolventin Gabriele Spiller ein Interview mit dem Direktor Carsten Rasner. In Teil 2 des Gesprächs geht es darum, wie man Entrepreneurship lernen - und anwenden - kann. Rasner mahnt aber auch nachhaltiges Wirtschaften und gesellschaftliche Verantwortung an.


Bei allen Studiengängen der Steinbeis-SMI steht der Gründer- und Unternehmergeist im Fokus. Das heißt, bereits an der Hochschule wird eine Start-up-Kultur wird gefördert und geübt. Würdest Du sagen, dass die Teilnehmer heute unternehmerischer denken als vor 20 Jahren?

Carsten Rasner: Start-up-Kultur ist ein wichtiger Punkt, aber ich persönlich habe sehr hohe Ansprüche an Unternehmer. Daher würde ich nicht behaupten, dass inzwischen unternehmerischer gedacht würde. Hingegen haben wir als Business School heute - wie die Gesellschaft insgesamt - eine noch größere Attraktivität und Offenheit für das Thema Unternehmertum. Es ist spannend, sich eine eigene Existenz aufzubauen und man kann damit ein sehr erfülltes Berufsleben haben. Bei unseren Studierenden stelle ich fest, dass in der Start-up-Phase die finanziellen Interessen zurückgestellt sind - und später kommt der Erfolg schon.

Dieses Unternehmertum kann jedoch auch im Konzern stattfinden.

Genau. Im Kontext der innovationsgetriebenen Organisation, fördern viele Unternehmen Start-ups im eigenen Haus. Sie etablieren völlig neue Strukturen - „Organisations-Beschleuniger“ - beispielsweise durch Inkubatoren, also interne Innovations- und Gründerzentren. Das heißt, Unternehmergeist kann dort auch gelebt werden. Das ist sehr positiv, denn es sichert dem Unternehmen das Überleben. Beim Corporate Entrepreneurship fragt man sich: Wie können wir die Organisation so ausrichten, dass sie im digitalen Zeitalter wechselnde Aufgabenstellungen kompetent lösen kann?

Für 2019 und darüber hinaus setzt sich die Steinbeis-SMI neue Ziele. Dabei verwendest Du einen in letzter Zeit häufiger gehörten Begriff: Haltung. Wie interpretierst Du sie mit Blick auf die Steinbeis-SMI?

Wir begeben uns ganz bewusst in einen Entwicklungsprozess. Lange Zeit haben sich Business Schools dafür positioniert, Menschen einen Karriereschub zu geben. Das ist immer noch unser Ziel, aber wir wollen nicht zwangsläufig nur CEOs und Manager ausbilden. Wir wollen Studenten und Studentinnen vielmehr an den Ort bringen, wo sie sich beruflich maximal wohl fühlen. Ich bin fest davon überzeugt, dass herausfordernde Projekte und Aufgaben relevanter sind als vorgezeichnete Karrierewege. Was am Ende eines SMI-Studiums steht, soll jede Studentin und jeder Student individuell für sich beantworten. Das kann eine Karriere im Konzern sein, das kann die Gründung des eigenen Unternehmens sein, aber auch spannende Projekte, bei denen man als Spezialist mit seinem Expertenwissen andere begeistert.

Aber wo kommt die Haltung ins Spiel?

Wir sehen die Verantwortung, die wir als Business School haben, und wollen dafür sensibilisieren, was Wirtschaften heute bedeutet. Das ist mehr als unternehmerische Ziele und Gewinne zu erreichen. Wir müssen uns vor Augen halten, welche Auswirkungen unser Handeln hat. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Absolventen am Ende toxische Geschäftsmodelle präsentieren. Das heißt, gesellschaftliche Implikationen dürfen nicht übersehen werden. Denn jeder erlebt die Auswirkungen im Alltag: beim unterbezahlten Fahrer, beim überlasteten Paketdienstmitarbeiter oder der ständig ferienvermieteten Wohnung in der Nachbarschaft. Dieses Bewusstsein müssen wir schärfen, denn schädliche Geschäftsmodelle sind keine nachhaltigen Geschäftsmodelle.

Carsten Rasner, ganz herzlichen Dank für das Gespräch.

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